Tatsache ist aber, dass seinerzeit (und später) von allen in- wie ausländischen Verbänden akzeptiert wurde, daß der Wiener- bzw NÖ-Meister auch als "Österreichischer"-Meister/-Vertreter gezählt bzw bei internationalen Bewerben (Mitropacup!) antreten durfte!
Dann kommt noch dazu dass 90% der damaligen Vereine Anfangs und lange Zeit überhaupt kein Geld hatten, die Spieler ginge zu Fuß durch die Stadt zum Auswaertsspiel um den Tramway-Fahrschein zu sparen! Alle zwei Wochen ein Auswaertsspiel per Bahn in die Provinz bzw für einen Provinzler nach Wien war finanziell nicht möglich. Dann waren die Spieler - bis auf ein paar Ausnahmen - Amateure, mussten arbeiten und konnten nicht tagelang per Dampfzug unterwegs sein. Geld machten die Vereine nur durch Turniere und Tourneen im Ausland.
Auch die politischen/geschichtlichen Ereignisse brachten immer wieder Rückschläge:
1.Weltkrieg, Mangelzeit danach, Justizpalastbrand 1927, weltweite Wirtschaftskrise, Parlamentselbstausschaltung 1933, Bürgerkrieg 1934, Naziputsch 1934, Anschluß 1938, 2.Weltkrieg, Mangelzeit danach verhinderten bzw unterbrachen eine österreichweite Meisterschaft.
Den Bundesländern macht auch niemand einen Vorwurf. Auch die von dir bereits erwähnten Gründe werden dazu beigetragen haben, dass im September 1911 für den Bewerb um die Meisterschaft von Niederösterreich nur Vereine aus Wien (und NÖ – Wien existierte noch nicht als eigenständiges Bundesland) teilnahmeberechtigt waren. Wahrscheinlich dachte kein Mensch 1911 ernsthaft daran, einen „österreichweiten“ Spielbetrieb durchzuführen. Es gab im Wiener Raum neben der A-Klasse auch noch drei zweite Klassen. Es gab in den Bundesländern aber sehr wohl eigene Meisterschaften, Sturm Graz ist zum Beispiel steirischer Rekordmeister.
Ausgerechnete in der NS-Zeit gab es erstmals so etwas wie eine österreichische Liga. Allerdings existierte Österreich zu dieser Zeit politisch nicht, und die Meisterschaft wurde als Vorrunde zur Deutschen Meisterschaft ausgetragen. Vereine wie Grazer SC, Amateure Steyr, Wacker Wr. Neustadt, Sturm Graz, LASK haben damals an dieser Vorrunde zur Deutschen Meisterschaft teilgenommen.
Eintrag in wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/NSRL-Bereichsklasse_17
Die Bereichsklasse umfasste von 1938 bis zur Auflösung 1945 die annektierten Gebiete des östlichen Österreichs, der südlichen Tschechoslowakei und des nördlichen Jugoslawiens. In der Bereichsklasse wurde in der gleichnamigen Fußball-Liga (auch Bereichsliga) einer der Teilnehmer zur Deutschen Fußballmeisterschaft ausgespielt. Die sportliche Bedeutung wurde jedoch durch die Kriegsereignisse einerseits, sowie der Vorteil von Kontakten einzelner Klubs zu NSDAP-Politikern andererseits unterwandert. Unterhalb der Bereichsliga bestanden mehrere Staffeln auf Gau-Niveau. Als historische Besonderheit ist zu vermerken, dass Jahre nach Kriegsende die siegreichen Vereine begannen, die NSRL-Titel als österreichische Meisterschaften auszuweisen, bis schließlich auch der ÖFB diesem Beispiel gefolgt ist, ohne sie jedoch jemals in einer Sitzung als solche zu erklären.
Rapid schafft es dank ÖFB im selben Jahr „österreichischer“ und deutscher Meister zu werden. Der österreichische Titel wurde den Grünen allerdings erst Jahre nach Austragung zugesprochen. Laut Aufzeichnungen gab es darüber aber niemals eine Sitzung des ÖFB.
Zentrales Argument ist für mich aber nach wie vor, dass es vor 1949/50 keine gesamtösterreichische Meisterschaft gegeben hat. Diese Tatsache kann man nicht wegdiskutieren. Es wurde nicht einmal ein Bewerb mit dieser Bezeichnung durchgeführt.
Der Mitropapokal wurde erstmals 1927 (da hat Rapid bereits 8x die Meisterschaft von Niederösterreich gewonnen) mit Teilnehmern aus 4 Ländern (die „besten“ Mannschaften) ausgetragen. Daraus eine Berechtigung für die Zuerkennung einer österreichischen Meisterschaft abzuleiten, kann ich nicht nachvollziehen.