ZitatAlles anzeigen"Die Fans wurden zu mächtig"
Fußball-Fans helfen, wollen mitreden, werden für die Klubs aber oft zur unkontrollierbaren Masse. Was ist los auf den Tribünen?
Auf Österreichs Tribünen wird wieder mehr geschimpft und zum Halali geblasen.
Fußball-Fans können großartig sein. Als David Beckham mit Milan in Manchester spielte, wurde der frühere United-Star von den Fans gefeiert. Genauso herzlich begrüßt wurde Barcelona-Stürmer Thierry Henry von den Arsenal-Anhängern bei seiner Rückkehr nach London.
Fußball-Fans können schrecklich sein. In Livorno stürmten vergangene Woche 30 Fans das Trainingsfeld und bedrohten die Spieler. Nicht nur das: Stürmer Francesco Tavano wurde ins Gesicht geschlagen. Präsident Aldo Spinelli verkündete daraufhin, den auf dem letzten Platz liegenden Klub der Serie A verkaufen zu wollen. Resignierend meinte er: "Ich habe keine Kraft mehr."
Die Fans in Österreich bewegen sich meist zwischen diesen Extremen. Zuletzt wurden aber - vor allem in Wien - Tendenzen sichtbar, die italienische Verhältnisse befürchten lassen.
Was läuft falsch?
Beckham wurde in Manchester auch im Milan-Dress gefeiert.Die Rapid-Fans sind in Österreich die meisten, die lautesten und gelten als die besten. Ganz sicher sind sie die mächtigsten. Nach der Cup-Blamage von Klagenfurt erzwang der harte Kern eine Aussprache mit Trainer Peter Pacult noch in der Stadionkabine.
Ein Vereinsangestellter fürchtet weitreichende Folgen: "Was passiert nach den nächsten Niederlagen? Die Fans wurden zu mächtig, jetzt sind sie nicht mehr zu stoppen."
Klubservice-Leiter Andy Marek vertritt die Anliegen der Fans im Verein und findet ihr Vorgehen berechtigt: "Nach schlechten Spielen bekommen wir pro Tag 150 Mails mit Kritik. Die Fans haben ein Recht darauf, miteinbezogen zu werden."
Fest steht, dass im Frühjahr manche Spieler ihren Frust bei Fans abluden. Als Folge geriet die Arbeit von Pacult, etwa das harte Training, in die Kritik. Sportdirektor Alfred Hörtnagl beruhigt: "Durch die bewusste Nähe der Spieler zu den Fans war es bei Rapid immer schon so, dass die Anhänger mehr erfahren. In nicht so guten Zeiten heißt es dann: 'Die Spieler weinen sich aus'. Aber das ist kein großes Problem."
Ansprüche
Thomas Fellinger, langjähriges Mitglied eines Austria-Fanklubs, sagt: "Ich halte nicht viel von erzwungenen Aussprachen unmittelbar nach dem Spiel, aber das basiert auf einem Ultra-Gedanken, der den Anhängern eben das Recht einräumt, gewisse Ansprüche zu stellen. Positiv gesehen drückt dies ein gewisses Naheverhältnis zwischen Fans und Klub aus." In Salzburg beispielsweise könne man sich nicht vorstellen, dass jemand vom Klub so etwas überhaupt zulässt.
Neu ist eine feindselige Stimmung gegenüber manchen Spielern. Mit Andreas Dober wurde nach Jahren wieder ein Rapidler (nach missglückter Flanke gegen Kärnten) im Hanappi-Stadion ausgepfiffen. Tatsächlich hat sich auf der Nordtribüne eine Gruppe gebildet, die Spieler wie Dober oder Tormann Payer attackiert.
Die Austria wollte die Zusammenarbeit mit den Fans fördern, hat ein eigenes Zentrum im Horr-Stadion samt Fan-Beauftragten installiert. Ohne Erfolg.
Rechtsradikale Parolen auf Transparenten sorgten im Herbst für Unruhe, ein Platzsturm gegen Bilbao für eine Rekordstrafe.
21 Stadionverbote wurden an die Bundesliga weitergeleitet. Dennoch bemüht man sich um Kommunikation - vor allem mit dem mächtigsten Fanklub auf der Osttribüne ("Unsterblich"). Nur mit einem Naheverhältnis zu diesem Fanklub versucht die Austria-Führung, den Überblick zu behalten.
Auch außerhalb von Wien gibt es immer wieder Probleme mit den Fans. So wurde der tadellose Profi Mario Sonnleitner von Sturm-Anhängern wüst beschimpft - weil er bekanntgegeben hatte, dass er den Verein im Sommer verlassen wird. Und zwar noch bevor der KURIER im März vermeldete, dass der Verteidiger zu Rapid wechselt.
Artikel vom 06.04.2010 16:36 | KURIER | Alexander Huber, Alexander Strecha
http://kurier.at/sport/fussball/1992137.php
ZitatAlles anzeigenPangl wünscht sich mehr Stil
KURIER: Fürchten Sie um das Image der Bundesliga?
Georg Pangl: Ich habe kein Bedenken, dass wir abdriften. Gesunde Emotionen gehören zum Fußball dazu.
Ist permanentes Schimpfen eine gesunde Emotion?
Die Fans sollten sich mehr auf die eigene Mannschaft konzentrieren, das stimmt. Das ist eine Frage des Stils und der Kultur. Schauen wir über die Grenzen, am Besten nach England. Wie Beckham in Manchester empfangen wurde, das hatte Stil. Die breite Masse ist ja in Ordnung, aber einige Trittbrettfahrer werden von den schwarzen Schafen leicht verführt.
Warum soll ein Vater mit seinem Kind ins Stadion gehen, wenn man Ausdrücke und Gesänge unter der Gürtellinie hört?
Das ist leider ein Problem. Es gibt aber kein Gesetz gegen Schimpfereien. Die Klubs können nur in einem mühsamen Prozess die Fans überzeugen.
Das ist bei der Austria zuletzt gescheitert, nun begehren die Rapid-Fans auf.
Jeder Verein muss wissen, wie weit Fans gehen dürfen und wie viel Respekt sie haben müssen. Wenn die Fans das nicht verstehen, muss man Konsequenzen ziehen. Nur wenn man die Wurzel behandelt, wird der Zahn gesund.
Artikel vom 06.04.2010 16:28 | KURIER |
http://kurier.at/sport/fussball/1992143.php
ZitatAlles anzeigenAussperren!
Der Fußball soll ein Spiegelbild der Gesellschaft sein. Wenn dem so ist, dann ist Österreichs Gesellschaft von verdammenswerten Verhaltensauffälligkeiten geprägt (ein Blick ins Parlament bestätigt übrigens mitunter den Stadion-Eindruck). Es ist nur eine Minderheit, die gegnerischen Teams den Tod an den Hals schreit; die Minderheit ist noch kleiner, welche keine Distanz zum NS-Gedankengut finden mag (warum schwenken Rapid-Fans eigentlich noch immer ungerügt die 88, die für das Gründungsjahr der Ultras, aber eben auch bei Neonazis für Heil Hitler steht?).
Primitive und aggressive Gemüter lassen sich nicht einfach belehren. Aber sie lassen sich ganz einfach aussperren vom Stadionfest, das für viele wahre Fußballfreunde keines mehr ist. Die Verantwortung tragen die Vereine. Die aber tun wenig bis nichts. Wo sind die Machtworte des wortgewaltigen Rapid-Chefs Edlinger? Warum lässt sich die Austria von Rechtsextremen den Ruf ruinieren? Und warum sagt Sturm- und Liga-Boss Rinner nicht einmal ganz laut, wie sehr er sich für diverse Vorgänge schämt? Antworten, bitte.
Artikel vom 06.04.2010 16:28 | KURIER | Erich Vogl