Umzug in neue Arena geplant
106 Jahre nach seiner Einweihung hat Chelsea-Besitzer Roman Abramowitsch in dieser Woche die Weichen für einen Abschied seines Clubs von der Stamford Bridge gestellt. Um weiter im Spitzenfeld mitspielen zu können, komme für den Premier-League-Verein nur der Neubau einer größeren Arena infrage. Davor muss allerdings noch Überzeugungsarbeit geleistet werden, gehört das Grundstück doch Fans.
Abramowitsch kaufte 2003 zwar den Club für 210 Millionen Euro und pumpte bisher geschätzte 764 Millionen Euro in den Verein, das Spielfeld sowie der Vereinsname gehören allerdings weiter der von 13.000 eingefleichsten Fans gebildeten unabhängigen Gesellschaft der Chelsea Pitch Owners (CPO), die Anfang der 1990er Jahre gegründet wurde, um Chelsea in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit vor dem Bankrott zu retten und nicht zum Spielball profitgieriger Spekulanten werden zu lassen.
Weiterer Umbau keine Lösung
Diese Gefahr scheint aus Sicht der Club-Verantwortlichen gebändigt zu sein, weshalb unter anderem auch der Chelsea-Vorstandsvorsitzende Bruce Buck die Werbetrommel für eine neue und moderne Arena rührt. „Wir haben alle Möglichkeiten für einen Umbau durchgepielt“, erklärte der US-Amerikaner, der neben Abramowitsch der einzige Chelsea-Aktionär ist, obwohl er nur eine Aktie besitzt. „Jeder weitere Umbau wäre entweder nicht praktikabel oder zu teuer.“
Ein Ausbau des mittlerweile 42.000 Zuschauer fassenden Stadions samt der im Besitz von Abramowitsch umgebenden „Chelsea Village of football“ mit Bürogebäuden, Wohnhäusern und Hotels scheitert vor allem an den örtlichen Gegebenheiten.
Das Areal an der Stamford Bridge ist mittlerweile bis auf den letzten Quadratzentimeter bebaut und im Nordosten zudem von Zugsgleisen begrenzt. Eine weitere in den letzten knapp 20 Jahren vorangetriebene Erschließung dürfte zudem an den Auflagen der Baubehörde scheitern.
Um den Fans den Verkauf ihrer Anteile und damit einen möglichen Umzug überhaupt schmackhaft zu machen, garantieren die Clubbosse den CPO-Mitgliedern, einen Standort nicht weiter als drei Meilen vom alten Stadion entfernt zu finden, sollten die Zelte an der Stamford Bridge tatsächlich vor 2020 abgebrochen werden.
Ein Verkauf zum jetzigen Zeitpunkt würde den Club allerdings für alle Möglichkeiten offenhalten.
Lokalrivale Arsenal legt vor
Im Kampf um wichtige Werbemillionen und Zuschaueranteile scheint Chelsea mit Blick auf die Ligakonkurrenz tatsächlich kaum Alternativen zu bleiben.
Während Lokalrivale Arsenal seit 2006 im 60.000 Zuschauer fassenden Emirates Stadium residiert, planen auch Rekordmeister Manchester United und Liverpool zumindest auf dem Reißbrett eifrig an ihren Fußball-Tempeln. Auf der anderen Seite würde ein größeres Stadion Chelsea auch nach dem Ausstieg von Mäzen Abramowitsch leichter finanzieren helfen.
Sogar Rekordspieler Ron Harris, der insgesamt 795 im Chelsea-Dress auflief und die „Blues“ als Kapitän unter anderem 1970 zum FA Cup und 1971 zum Gewinn der Europacups führte, kann sich deshalb für einen Neubau erwärmen. „Ein Umzug ist augenscheinlich die einzige Möglichkeit die Zuschauerkapazität zu erhöhen.
Falls es gut für den Club ist, bin ich damit zufrieden.“
„Mehr Zuschauer bringen mehr Geld“
Den Kritikern versucht der 66-jährige ehemalige Verteidiger mit einer einfachen Rechnung den Wind aus den Segeln zu nehmen. „Zurzeit haben mir Platz für 42.000 Zuschauer. In ein größeres Stadion passen knapp 60.000, und das bringt einfach mehr Geld. Und solange es Chelsea zu einem größeren Club macht, kann es nicht falsch sein.“
Für Vorstand Buck sind die Zeiten des CPO-Rettungsschirms vorbei. „Chelsea wird für die Unterstützung immer dankbar sein“, sagte der US-Amerikaner.
„Dank Herrn Abramowitsch ist die Gefahr allerdings weg, und wir können abgesichert für die Zukunft planen. Ich hoffe, dass alle CPO-Eigentümer dem Vorschlag zustimmen und ihre Anteile verkaufen.“
Abramowitsch als Sparefroh
Ein Stolperstein auf dem Weg zum neuen Stadion könnte allerdings ausgerechnet der Sparsinn von Eigner Abramowitsch sein. Zwar würden die 13.000 CPO-Mitglieder für ihre Zustimmung auf einer Ehrenplakette am neuen Stadion gewürdigt werden, mehr als die 1993 jeweils 100 Pfund sollen für sie nicht drinnen sein.
„Wir gehen davon aus, dass niemand seinen Anteil als finanzielles Investment angesehen hat, sondern dem Club symbolisch helfen wollte“, appellierte Buck in der „Daily Mail“ an die Ehre der CPO-Mitglieder. „Das sind Fans und wir glauben, dass sie nur das Beste für Chelsea wollen.“
Dass es sich dabei um einen der teuersten Baugründe von London handelt, scheint für die Club-Verantwortlichen dabei nicht ganz so wichtig.
Wolfgang Rieder, ORF.at