Mehr Kriminalbeamte sollen helfen, Innenministerin kündigt Pyrotechnikverbot ab 2010 an. Fanvertreter: "Überregulierung"
Wien - Die Leistungen vieler heimischer Fußballklubs sind des Öfteren zum Haareraufen - immer öfter wird in und um die Stadien allerdings auch gerauft. Wie dramatisch die Zahl gestiegen ist, zeigen die Zahlen des Innenministeriums, die am Donnerstagabend von Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) präsentiert worden sind.
Innerhalb von vier Saisonen sind die "strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben", also vor allem diverse Formen der Körperverletzung, in der Bundesliga von 54 auf 277 Fälle gestiegen - eine Verfünffachung. Auch die Zahl aller Anzeigen ist nach oben geklettert: von 529 auf 1591 Stück. 181 Menschen wurden in der abgelaufenen Spielzeit gar festgenommen - im Schnitt also ein Mensch pro Spiel.
Wer denkt, vor allem brutale Rapid-Fans tragen daran Schuld, irrt. In der Anzeigenstatistik liegen die grün-weißen Anhänger nur auf dem dritten Rang. Unangefochten an der Spitze rangiert der Lokalrivale, die Wiener Austria, vor Sturm Graz. Nur bei den Heimspielen sind die Rapidler exaltierter, diese Anzeigenliste führen sie an.
Ein Anstieg, der die Verantwortlichen beunruhigt. Denn einerseits gibt es statistische Gründe - im Vorfeld der EURO wurden Gesetze neu geschaffen oder verschärft und die Polizisten angehalten, rascher anzuzeigen. Doch es gibt auch einen grundlegenden Wandel, beobachtet die Polizei. "Unsere Klientel wird immer jünger", sagt Christian Doneis, ein sogenannter szenekundiger Beamter. Das sind eigens geschulte Kriminalbeamte, die ein engeres Verhältnis zu den Fans aufbauen sollen, um Eskalationen zu vermeiden. "Mittlerweile liegt das Alter im Bereich 15 bis 21", weiß Doneis.
Von einem Anstieg der Gewalt ist auch Georg Pangl, Vorstand der Bundesliga überzeugt. "Das ist ein Auswuchs unserer Gesellschaft", glaubt er. Problematische Familienverhältnisse würden dazu führen, dass man in Fangruppen Geborgenheit und Anerkennung bekomme - besonders wenn man Illegales anstellt.
Abhilfe sollen mehrere Maßnahmen bringen. Imagekampagnen der Bundesliga und häufigere Stadionverbote durch die Vereine, etwa. Bei der Polizei setzt man dagegen auf mehr Personal und strengere Gesetze. Trotz der grassierenden exekutiven Personalnot soll das Reservoir der derzeit 152 szenekundigen Beamten aufgestockt und einige sogar hauptberuflich eingesetzt werden.
Verbot der Leuchtfeuer
Ein Randproblem will Ministerin Fekter dagegen mit einem neuen Gesetz bekämpfen. Die Verwendung von pyrotechnischen Gegenständen wie den stimmungsvollen bengalischen Feuern, soll komplett verboten werden. Die Begründung: potenzielle Gesundheitsgefährdung durch die teils glühend heißen Objekte. "Ich hoffe, dass es ab dem nächsten Jahr ein entsprechendes Gesetz gibt", verkündete Fekter. Für die Verwaltungsübertretung soll es künftig Mindeststrafen geben und die Höchststrafe deutlich erhöht werden - derzeit beträgt sie 2180 Euro.
Bei den Fans ist man davon weniger angetan. "Natürlich gibt es einerseits Gefährdungsmomente, aber andererseits ist es mit Leuchtkörpern noch nie zu gröberen Problemen gekommen", sagt Stefan Singer von den Flo'town Boys, einem Rapid-Fanverein. "Die Burschen haben das im Griff, ich halte es daher für überzogen, das ist eine weitere Überregulierung", sagt er im Gespräch mit dem Standard. "Das gilt aber nur für die Leuchtkörper. Bei den Knallkörpern ist das anders, die gehören verbannt und bestraft." (Michael Mösenede, DER STANDARD Printausgabe, 11.7.2009)