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Daum: "Stronach wird Unrecht getan"
Im zweiten Teil des exklusiven sportnet.at-Interviews mit Christoph Daum in Köln spricht der deutsche Coach über seine Zeit als Trainer der Wiener Austria, Frank Stronachs Visionen und seinen Freund Peter Svetits.
Es war im Herbst 2002, als Christoph Daum vom damaligen FAK-Sportdirektor Peter Svetits als neuer Austria-Trainer aus dem Hut gezaubert wurde. Walter Schachner musste nach fünf Monaten und trotz eines 5:1-Siegs im Europacup gegen Schachtjor Donezk den Hut nehmen. Trotz des Double-Gewinns (Meisterschaft und Cupsieg) zog es Daum im Sommer zurück in die Türkei zu Fenerbahce Istanbul. Teil zwei des exklusiven sportnet.at-Interviews!
Haben Sie noch Kontakte zum österreichischen Fußball? Gibt es noch Kontakte nach Wien?
“Selbstverständlich gibt es noch Kontakte nach Wien. Bei der Austria mit Pressesprecher Christoph Pflug. Aber auch zu einigen anderen Leuten, die in Wien wohnen und die mich und meine Lebensgefährtin dann auch in der Türkei besucht haben. Ich bin regelmäßig mit Peter Svetits in Kontakt. Er besucht mich auch manchmal in Deutschland. Ãœber Svetits erhalte ich die meisten Informationen über den österreichischen Fußball. Er hält mich immer am laufenden.â€
Peter Svetits ist in Österreich als Stronach-Berater derzeit wieder in aller Munde. Er soll mit einem Funktionärsverbot belegt werden. Sie haben 2003 gesagt er ist ein Mann mit Visionen. Stehen Sie auch heute noch zu dieser Aussage?
“Er ist ein Macher. Das ist auch fünf Jahre später noch so. Er ist ein Mann, der außergewöhnliche Dinge in Angriff nimmt. Wer hätte gedacht, dass so ein Weltklassespieler wie Djalminha nach Österreich kommt. Svetits hat es geschafft. Egal ob der Djalma jetzt gut gespielt hat oder nicht. Es war schon Wahnsinn, ihn überhaupt nach Österreich zu bekommen. Das zeigt seine Macherqualitäten. Ich wünsche mir als Trainer der den absoluten Erfolg sucht, einen Mann wie Svetits an meiner Seite. Mit dem Peter zusammen wirst du immer Erfolg haben. Er ist ein Erfolgsgarant.â€
Frank Stronach hat sein Engagement bei der Austria beendet und sein neues Projekt FC Magna verwirklicht. Dort sollen mehr junge Spieler aus seiner Akademie zum Einsatz kommen. Ist es aus ihrer Sicht schwierig, bei einem großen Klub wie der Austria Talente einzubauen“Die hochtalentierten Spieler werden sich ohnehin durchsetzen. Da mache ich mir gar keine Sorgen. Es gibt aber Spieler, die brauchen gerade in den Anfangsjahren noch mehr Unterstützung und Führung. Für einen Klub, der um die Tabellenspitze mitspielt, ist es schwieriger, junge Talente einzubauen. Denn die Erwartungshaltung ist größer als bei einem Mittelständler. Ich bin der Ãœberzeugung, dass viele österreichische Nachwuchsspieler besser sind, als jene durchschnittlichen Legionäre, die man jahrelang ins Land geholt hat. Es wäre kein Risiko vermehrt auf junge Spieler zu setzen.â€
Würden Sie sagen, dass der FC Magna ein Alibi-Projekt des Frank Stronach ist? Immerhin handelt es sich um einen Retorten-Klub.
“Da höre ich wieder den für mich typisch österreichischischen Teil heraus nur das Risiko zu erkennen. Bei euch wird immer nur das Risiko heraus gestrichen. An die Chancen wird nicht gedacht. Alle Katastrophenszenarien werden stets bedacht, aber nie wird über die Chancen diskutiert. Ich halte es für einen Glücksfall, was Frank Stronach macht. Er könnte sein Geld auch woanders investieren. Er könnte sich für die Kultur und gegen den Sport entscheiden, tut dies aber nicht. Sein Sportinternat in Hollabrunn genießt internationale Anerkennung und bewegt sich im europäischen Spitzenfeld. Das wird in Österreich einfach nicht genug geschätzt. Dass er nach einer größeren Spielplattform für seine Akademiker sucht, ist nur allzu verständlich. Frank Stronach erkennt als Pionier Chancen stärker als Risiken. Man sollte das in Österreich zu schätzen wissen.â€
Sie haben 2003 den Spruch “In Österreich holt man sich nur die Kellner vom Plattensee†geprägt. Viele Klubs überheben sich finanziell immer öfter, weil sie nach dem sportlichen Erfolg streben. Auf die Jugend und den österreichischen Weg setzt man oft nur in Notsituationen. Warum?
“Es ist immer wichtig die Balance zu finden. Einmal bist du in der Situation, eigene Talente zu fördern und zu fordern. Auf der anderen Seite musst du den einen oder anderen Transfer tätigen, um Erfolg zu haben. Letztlich muss die Mischung stimmen und hängt natürlich stark vom Budget ab. Wer mehr Geld hat wird dazu verleitet in Legionäre zu investieren. Dann sollten es aber nach Möglichkeit nur qualitativ hochwertige Spieler sein. Es ist besser, ein bis drei teure Spieler zu holen, die etwas von ihrem Beruf verstehen, als sechs durchschnittliche. Von guten Legionären können die Österreicher im Kader nur profitieren.â€
Wo ordnen sie fünf Jahre danach ihr Trainer-Engagement bei der Austria ein?“Es war eine wunderbare Zeit und ich bin dankbar dafür, dass ich Österreich und Wien kennen lernen durfte. Es war immer witzig, zum Beispiel in Tirol zu sein. Die haben immer über die Wiener geschimpft. Ich habe mit sehr vielen Leuten verkehrt. Auch aus dem politischen Bereich. Ich bin dankbar für diese Erfahrungen. Ich habe Österreich und Wien in mein Herz geschlossen. Meine Frau liebt diese Stadt und hat Sturzbäche geweint, als es hieß, wir verlassen die Stadt wieder.â€
Was sagen Sie zum Projekt Red Bull Salzburg? Didi Mateschitz baut dort einen Verein mit 50 Millionen-Euro-Budget auf, hat aber nicht den erhofften Erfolg.“Ich bin mir sicher, dass Herr Mateschitz aus dem bisher erlebten die richtigen Rückschlüsse für die Zukunft ziehen wird. Ich begrüße es ähnlich wie bei Stronach, dass er sich im Fußball engagiert. Er hat schon einige Ausrufezeichen gesetzt. Aus dem Engagement von Giovanni Trapattoni wird er wieder lernen und nächste Saison mit dem neuen Trainer gestärkt auftreten. Setzt er seinen Weg kontinuierlich fort, wird Red Bull Salzburg in der nächsten Zeit international mitreden können. Davon bin ich felsenfest überzeugt. Rückschläge machen dich oft nur noch stärker.â€
Aktuell sind Sie Trainer des 1. FC Köln und stehen mit ihrer Mannschaft vor dem Aufstieg in die 1. Bundesliga. Wie geht es ihnen in Köln?“Mir geht es sehr gut. Es sind noch einige Hindernisse zu bewältigen. Wir haben aber eine sehr gute Mannschaft. In den letzten Spielen haben wir uns enorm gesteigert. Ich bin überzeugt, dass wir den Aufstieg schaffen werden. Die jetzige Mannschaft soll dann auch das Fundament für das Team in der ersten Liga stellen.â€
quelle : ooen