Wien – Jahr für Jahr als Titelkandidat gehandelt, Jahr für Jahr hinter den Erwartungen zurückgeblieben.
So oder so ähnlich fällt das Kurz-Resümee aus, kommt am Stammtisch der Name “Olympique de Marseille†zur Sprache
“L'OMâ€, wie der Franzose zu sagen pflegt, ist ein schlafender Riese
mit unglaublichem Potenzial, der im Schatten des übermächtigen
Konkurrenten Olympique Lyon nicht zu erwachen wollen scheint.
Größtes Fanpotenzial im ganzen Land
Der Verein, der zu den Gründungsmitgliedern der französischen
“Ligue 1†gehört, ist der Klub mit der mit Abstand größten
Anhängerschar im ganzen Land.
Ãœber Merchandising werden jährlich Millionen gescheffelt, der
Werbewert ist dementsprechend hoch, das ehrwürdige “Stade Velodromâ€
bietet mit seinem Fassungsvermögen von 60.000 Zuschauern den nötigen
Rahmen.
Nicht selten muss der Stadionwart das “Ausverkauftâ€-Schild vor die Kassen hängen.
Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt.
Zwischen den zwei größten Fanklubs, den “South Winners†und den “Marseille Trop Puissants†herrscht Ausnahmezustand.
Ausschreitungen zwischen den beiden Gruppierungen sind keine Seltenheit.
Die beiden Kurven im Stadion sind fest in der Hand der Fans.
Der Klub gibt die Tickets für die Kurven an die Fanorganisationen weiter, die diese dann mit Aufschlag weiterverkaufen.
Gerüchte um Schwarzgeldzahlungen konnten bis heute jedoch nicht bewiesen werden.
Portokasse prall gefüllt
Jährlich werden bei Olympique Millionen in hochkarätige Neuverpflichtungen gesteckt.
Allein diesen Sommer wurden insgesamt 28,5 Millionen Euro in die Mannschaft investiert.
Der französische Teamstürmer Djibril Cisse war mit 9 Millionen der Teuerste.
Der 26-Jährige war allerdings bereits letzte Saison vom FC
Liverpool an die Südfranzosen ausgeliehen, nachdem “Redsâ€-Coach Rafael
Benitez nicht gerade ein großer Fan des pfeilschnellen Angreifers galt.
Dazu konnten mit dem Holländer Boudewijn Zenden und dem
französischen Nationalverteidiger Gael Givet zwei weitere “dicke
Fische†an Land gezogen werden.
“Causa Prima†ist jedoch eine andere Baustelle im Kader.
Es gilt schließlich, den “verlorenen Sohn†zu ersetzen...
Ribery kehrt seinen Wurzeln den Rücken
Franck Ribery, in dem sie in Frankreich den würdigen Nachfolger von
Zinedine Zidane sehen, hat “seinem†Verein den Rücken gekehrt und wird
künfig beim FC Bayern München in der deutschen Bundesliga für Furore
sorgen.
Der 24-jährige Mittelfeldspieler ist in einer Vorstadt von
Marseille aufgewachsen und half bis zu seinem 19. Lebensjahr
gelegentlich am Bau aus, um sich über Wasser zu halten.
So richtig ging sein Stern erst bei Olympique auf, nachdem er 2005/06 sein Können bei Galatasaray Istanbul aufblitzen ließ.
Der Höhepunkt war erreicht, als Ribery seine Farben vergangene Saison zum Vizemeistertitel führte.
Sein Abgang hat Marseille in ein Tal der Tränen gestürzt, die auch
der 25 Millionen schwere Scheck der Bayern nicht so schnell trocknen
kann.
Nachfolger wächst heran
Ein würdiger Nachfolger könnte bereits gefunden sein.
Ein Nachfolger, der auf den Namen Samir Nasri hört.
Dem 20-jährigen Sohn algerischer Einwanderer wird noch größeres Talent als Ribery attestiert.
Talent, welches er am 24. März diesen Jahres im Freundschaftsspiel
der franzöischen Nationalmannschaft gegen die ÖFB-Auswahl bereits
eindrucksvoll unter Beweis stellte.
Das ist auch den Top-Klubs in Europa nicht verborgen geblieben.
Wie die "Corriere dello Sport" berichtet, soll Inter Mailand bereit
sein, 15 Millionen Euro auf den Tisch zu legen, um das Supertalent im
Winter nach Italien zu übersiedeln.
Um die Last nicht ausschließlich auf die Schultern des Supertalents
zu legen, schlug “OM†auf dem Transfermarkt zu und verpflichtete den
24-jährigen Spielmacher Karim Ziani von Ligakonkurrent FC Sochaux.
Der algerische Nationalspieler sorgte vergangenes Jahr mit seinem
Ex-Klub für Aufsehen, als man im Cupfinale gegen Marseille
überraschenderweise die Oberhand behielt.
Ob Ziani dem Druck bei den Hafenstädtern gewachsen ist, wird er allerdings erst unter Beweis stellen müssen.
Ligastart ging in die Hose
In der ersten Runde vergangenen Samstag setzte es für die “Bleu-Verts†bereits den ersten Dämpfer.
Gegen Aufsteiger Racing Straßburg kam man auswärts nicht über ein torloses Unentschieden hinaus.
Auch wenn Trainer Albert Emon von einem positiven Start sprach, dem Anspruch des Klubs aus der Provence genügt es nicht.
Emon Erfolge in der Liga vorweisen müssen, sonst wird er seinen Stuhl früher als ihm lieb ist räumen müssen.
Der Trainerverschleiß der letzten Jahre lässt sogar einen gewissen Frank Stronach verblassen.
Florian Tietze
Quelle: Sport1.at