Zitat von sport.orf.atAlles anzeigenGeschichten, wie sie nur der Fußball schreibt, haben in der vergangenen Saison das Vereinsleben des 1. FC Union Berlin geprägt.
Zunächst wurde man nur "Auwärtsaufsteiger" genannt, weil ausgerechnet im verhassten Jahn-Sportpark des früheren großen DDR-Rivalen BFC Dynamo die Rückkehr in die zweite deutsche Bundesliga fixiert worden war.
Doch das eigentliche "Wunder von Köpenick" vollbrachten die Union-Fans an ihrer Kultstätte selbst. Da das Geld für die Stadionsanierung knapp war, wurden die Anhänger für ihren Lieblingsverein selbst beim Umbau tätig.
140.000 Arbeitsstunden im Stadion
In insgesamt 140.000 Arbeitsstunden bauten sie an 307 Tagen von 7.00 Uhr bis in den späten Abend ihr Stadion An der Alten Försterei zu einem Schmuckkästchen aus, um das sie künftig etliche Zweitligisten beneiden werden.
Über 2.000 Fans werkten, zimmerten und strichen bei der Neusanierung mit, die in der vergangenen Woche mit dem Testspiel gegen Hertha BSC (3:5) feierlich eingeweiht wurde.
Freikarten als einziger Lohn
Die 19.000 Tickets für die Partie waren ebenso in nur wenigen Stunden vergriffen wie die Karten für das Testspiel gegen Bayern München am 26. August. Die 2.000 Helfer durften mit ihren Angehörigen gegen Hertha umsonst ins Stadion - der einzige Lohn für die harte Arbeit.
"Es ist sensationell und phänomenal, was unsere Fans in den zurückliegenden zwölf Monaten hier geleistet haben. Man kann es kaum in Worte fassen", sagte Sportdirektor Christian Beeck.
"Anhänger haben Historisches geleistet"
"Der Dank gilt allen, aber damit kann es nie abgegolten sein: Diese fanatischen Anhänger haben Historisches für den Verein geleistet und für Aufmerksamkeit gesorgt", schwärmte Beeck.
Bei der Eröffnungsfeier im ausverkauften Stadion, das in 89 Jahren seit der Einweihung noch nie so viel Glanz ausstrahlte, sprach auch Union-Präsident Dirk Zingler allen Helfern seinen Dank aus. "Was ich hier auf der Baustelle erlebt habe, ist nicht zu beschreiben."
"Dieser Zusammenhalt der Union-Familie ist wertvoller als der viele Beton und Stahl, der hier verarbeitet wurde", sagte der gerührte Vorsitzende. Als kleines Dankeschön für die Arbeitsleistung, die einem Wert von 2,5 Millionen Euro entspricht, erhielt jeder Helfer noch einen Bauhelm in den rot-weißen Vereinsfarben geschenkt.
"Gibt nur eine Begründung: Leidenschaft"
Im Endspurt der Baumaßnahmen hatte noch einmal die Rekordzahl von 170 freiwilligen "Bauleuten" bei Gluthitze den Weg in die Arena gefunden, in der seit Jahrzehnten der Schlachtruf "Eisern Union" von den Tribünen schallt und den Gegnern Respekt einflößen soll.
"Für diese Arbeitswut gibt es nur eine Begründung: Leidenschaft", sagte Union-Fan Matthias Jäckel, der mit seinen Freunden den Geländern vor den Kassenhäuschen den letzten Anstrich gegeben hatte.
"Man muss schon ganz schön verrückt sein, sich am Sonntag um 7.00 Uhr hier einzufinden. Aber ich bin stolz, dass ich dabei war und an unserem Stadion mitgewirkt habe", sagte Mirko Bellmann, der gemeinsam mit seinem Sohn Tim den Endspurt der Arbeiten an dem neuen Schmuckstück nicht verpassen wollte.
Modernes Stadion, aber ein Unikat
Monat für Monat hatten Fans Opfer für ihren Verein gebracht, Urlaub genommen oder nach der Arbeit auch noch beim Stadionumbau mitgeholfen. Vieles im Stadion ist moderner als zuvor: So gibt es nun eine Rasenheizung, eine Videowall und eine neue Beschallungsanlage.
Doch das Unikat des Stadions bleibt erhalten: Die mechanische Anzeigetafel, die einzige im deutschen Profifußball, wird weiter den Spielstand dokumentieren. Außerhalb der Meisterschaftspartien ist auf dieser ein 8:0 angeschlagen.
Es erinnert an die Union-Sternstunde, als am 21. August 2005 der verhasste Lokalrivale BFC Dynamo (ein zu DDR-Zeiten von Stasi-Chef Erich Mielke bevorzugter Verein) in die Schranken gewiesen wurde.
Respect 