Die Wahrheit zum Mega-MAGNA-Projekt "Rothneusiedl" !

  • Wien. Michael Häupl (SPÖ) und Erwin Pröll (ÖVP) gelten über alle politischen Grenzen hinweg als gute Freunde. Doch an der realen Landesgrenze zwischen Wien und Niederösterreich hört diese Freundschaft offenbar auf – dort regiert der beinharte Wettbewerb um Betriebsansiedlungen, Einkaufszentren und Steuervorteile. Und da es die beiden Landesväter in ihrer langen Amtszeit bisher verabsäumt haben, eine gemeinsame Raumplanung zu entwickeln, dürfte sich die Situation in den kommenden Jahren – mit dem geplanten Ausbau der S1 nach Norden ("Lobau-Autobahn") – weiter verschärfen. Denn wie Beispiele zeigen, hat der Standort-Kampf an der bereits fertigen S1 schon voll eingesetzt:


    In Rothneusiedl , auf Wiener Gebiet (siehe Grafik) , will die Stadt Frank Stronach nicht nur den Bau eines neuen Austria-Stadions sondern auch eines großen Einkaufszentrums (EKZ) ermöglichen.




    Auch deshalb, um den Niederösterreichern südlich der S1 das Wasser abzugraben, wie Häupl kürzlich im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" eingestand. Aus internen Rathaus-Unterlagen geht nun hervor, dass das EKZ annähernd die Größe der nur unweit entfernten Shopping City Süd (SCS) erreichen soll, um mit ihr ernsthaft in Konkurrenz treten zu können. Ob das Rathaus diese Wünsche durchgehen lässt, ist freilich offen – schließlich würde sie nicht nur die SCS sondern auch die eigenen Einkaufsstraßen schädigen.


    Gleichzeitig ist nach Informationen der "Wiener Zeitung" die niederösterreichische Ansiedlungsagentur "Eco-Plus" bereits südlich der S1 auf Grundstücks-Einkaufstour – mit dem klaren Ziel, Betriebe zu ködern. Dass dort derzeit noch Bausperre herrscht, dürfte wenig relevant sein. "Es war von vornherein klar, dass diese Sperre nicht ewig dauert", sagt Andreas Hacker vom "Stadtumland-Management", das alle Planungen zwischen den beiden Ländern koordinieren soll.


    Zuletzt hat sich der Streit Wien–NÖ auch an einem Büroturm in Vösendorf (160 Meter Höhe, 1500 Arbeitsplätze), von dem Wien angeblich nicht informiert wurde, entzündet. Als Kritik vom Wiener Rathaus kam, das Turmbauten bekanntlich forciert, folgte der schroffe Konter: "Wien fragt uns auch nicht, wenn man dort ein Hochhaus baut", hieß es aus dem Büro von NÖ-Wirtschaftslandesrat Ernest Gabmann (ÖVP). Zudem wiesen die Investoren darauf hin, dass dieser Turm weit besser verkehrstechnisch angebunden sei als so mancher auf Wiener Gebiet – nämlich durch A2, A21, S1 und Badner Bahn.


    Ein weiteres Konfliktfeld an der S1 bahnt sich beim Knoten Schwechat an: Dort befindet sich eine neue große Raststätte (auf NÖ-Gebiet) bereits in Bau; nun könnten noch etliche Quadratmeter an Einkaufsflächen dazukommen.


    Bereits gegen den heftigen Widerstand von Wien hat NÖ auch ein EKZ in Gerasdorf (beim künftigen S1-Knoten Eibesbrunn) genehmigt. Mit 55.000 m² Verkaufsfläche wäre es so groß wie das Donauzentrum, das größte Wiens. Geplante Eröffnung: 2009.


    Experten sprechen ob derartiger Vorgänge von "kurzsichtiger und unkoordinierter" Raumplanung, die für massive Verkehrsströme im Speckgürtel sorgen werde. Laut Raumplaner Reinhard Seiß gibt es zwar seit Jahren eine gemeinsame Koordinationsstelle, doch "wenn es ans Eingemachte – sprich Betriebsansiedlungen – geht, entbrennt bei den Gemeinden der Konkurrenzkampf".


    Ähnlich sieht es Hacker, der zwar von einer guten Gesprächsbasis berichtet, aber: "Wenn es hart auf hart kommt, kocht jede Gemeinde ihr eigenes Süppchen." Beide schlagen als Lösung eine Art regionalen Finanzausgleich vor, wie es ihn schon im Mühlviertel oder im Raum Berlin gibt: "Denn letztlich entstehen durch diesen Kampf in der Gesamtregion ja nicht mehr Arbeitsplätze", sagt Hacker.


    <H2 class=stH2zwiti>S1: Bestatt Entlastung</H2>
    Seiner Meinung nach werde auch oft übersehen, dass Wien kleine Gemeinden in NÖ durch EKZ an der Peripherie geschädigt habe – etwa durch das Auhof-Center, das EKZ-Simmering oder den Gewerbepark Stadlau.


    Seiß warnt daher eindringlich vor einer weiteren Sub-Urbanisierung entlang der geplanten S1: Dann würde diese statt zu entlasten noch mehr Verkehr erzeugen – und die Funktion einer Umfahrungsstraße ad absurdum führen.

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