06.05.2006 - Das Meisterspiel

  • Gegen 17 Uhr machte sich mein Bruder und ich auf dem Weg ins Stadion. Intus hatten wir jeder drei Bier und eine Tü**l. Während des zehminütigen Marsches zum heiligsten Platz in Wien, führten wir unserem Körper noch ein Kurt-Jara-Gedenk-Red-Bull zu sowie einen Viola-per-sempre-Jo. Plötzlich so gegen 17:10 Uhr kam heftiger Wind auf und es dauerte auch nicht lange, da begann es auch zu regnen. Auf unseren Plätzen wären wir waschelnass geworden, hätte es nicht wieder aufgehört! Die eine Stunde, die noch bis zum Anpfiff hinunterzubiegen war, vertrieben wir uns mit fotografieren, Schmäh führen und Biertrinken. Wir standen, bis 10 Min. vor Spielbeginn bei der Pressetribüne bzw. dem VIP-Eingang. Insgeheim hofften wir, dass mal einer von den ?Aufpassern? eben nicht aufpasst und wir uns irgendwie in diesen Bereich schummeln können. Es blieb diesmal beim Versuch, was sich aber zwei Stunden später änderte.


    Das Spiel begann und die Veilchen begannen so, wie ich es erwartet hatte. Druckvoll und aggressiv, so als wollten sie die Tiroler fressen. Es blieb aber vorerst nur bei ?Halbchancen?. Die Tiroler ihrerseits zeigten mit ihrem Kampfgeist, dass sie nicht zum Feiern nach Wien gekommen waren. Sie hielten dagegen, kamen aber nicht in die Nähe vom besten Goalie der Liga. Als das Spiel zu verflachen drohte, hatte Libor in der 18. Min. einen Energieanfall und mit drei Tirolern sowie 11500 Veilchen genügend Zuschauer um sein viertes Tor in den letzten drei Spielen zu erzielen. Zugegeben, die Tiroler halfen mit und das Tor war glücklich, aber wenn juckte das in dem Moment? 11500 Zuschauer waren aus dem Häuschen. Doch 5 Min. später, ich hatte nach der Führung nicht mehr daran geglaubt, zappelte der Ball im Netz der Veilchen. Wie er dahin gekommen ist, war von meinem momentanen Platz aus nicht zu erkennen. Freistoss von halb rechts und etwa 25 m vor dem Tor, Flanke und drin war die Wuchtel. Mit dem Ausgleich zogen hinter der Nordtribüne schwarze Wolken auf. Vereinzelt sah man Blitze und hörte man Donnergeräusche. Da wir ganz unten, in der zweiten Reihe, unsere Plätze hatten, sah ich mich schon völlig durchnässt die Veilchen zum Titel zu peitschen, jedoch kam es anders.


    Mein Bruder hatte die glorreiche Idee, den Platz zu verlassen und sich zwischen ?Süd oben? und ?Süd unten? hinzustellen. Diese Idee hatten dann alle anderen auch, als für kurze Zeit strömender Regen einsetzte, jedoch wir waren schneller und so standen wir 10 m hinter der Veilchenbank. Eigentlich dachte ich, dass dies irgendeinem Securitymenschen oder Exekutivbeamten nicht passte. Ich sah uns wieder abwandern, doch zu meiner Ãœberraschung, störte niemanden unsere Anwesenheit. Im Spiel hat sich nicht viel getan, Austria war weiter druckvoll und überlegen. Sionko traf mit einem Freistoß leider nur die Außenstangen und Schiri Lehner gab bei einem glasklaren Faoul an Linz keinen Elfmeter. Dennoch hatte ich keine Angst, dass wir heute nicht Meister werden, vielmehr bangte ich um unseren ?Stehplatz?. Als der Schiri zum Pausentee in die Kabinen bat und unser Blut mit weiteren Bieren vermengt wurde, hörte der Regen auf und der Himmel war violett. Zu diesem Zeitpunkt wahrten die Salzburger ihre Chance auf den Titel. Sie führten 1:0, was mich aber kaum beeindruckte. Ich vertraute auf die Stärke der Austria.


    Die zweite Spielhälfte begann, wie ich es erhofft hatte. Eine sehr gut spielende Veilchenelf drängte die Tiroler mit jeder gespielten Minute mehr und mehr in die eigene Hälfte. In der 59. Min. war es dann soweit. Dheedene hielt aus dreißig Metern einfach mal drauf, Planer, der Goalie der Tiroler kann den Ball nur wegklatschen und Sebo versenkte die Kugel im Nachschuss. Die Hütte kochte. Auch deswegen, weil zwei Minuten vor unserer Führung Pasching in Salzburg den Ausgleich erzielte. 11500 Veilchen begannen zu feiern, obwohl noch eine halbe Stunde zu spielen war. Keiner im Stadion hatte das Gefühl, dass noch etwas schief ging. Die Veilchen ließen sich von der beginnenden Party aber Gott sei Dank noch nicht anstecken. Sie schnürten die aufopfernd kämpfenden Tiroler in ihrer Hälfte ein. Vereinzelte ungefährliche Entlastungsangriffe der Tiroler gab es zwar, sie zwangen Joey aber nicht, sein Tormannkönnen unter Beweis zu stellen. Das Zittern in mir wich mit jeder verstrichenen Minute. Schiedsrichter Lehner übersah zum zweiten Mal einen Elfmeter. Bei einem Handspiel eines Tirolers iM Strafraum, vergass er zu pfeifen. Dann, drei Minuten vor dem Ende war ?der Kas gegessen?. Die Videowall zeigte das 2:1 für Pasching. ?Que sera? und ?so ein Tag, so wunderschön wie heute? hallte durchs Stadion. Mein ganzer Körper war mit Gänsehaut übersäht. ?Meister, Meister?-Rufe folgten. Dann kam der Schlusspfiff (10 Sekunden vor Ablauf der 90 Minuten) und was dann folgte, werde ich mein Leben lang nicht vergessen.


    Mein Körper, voll mit Bier und Adrenalin schien schlapp zu machen. Ich spürte wie bleich ich im Gesicht sein musste. Ich musste mich setzen und kurz durchatmen. Dies tat ich auf der Austria-Ersatzbank, was für ein Gefühl hier zu sitzen. Mein Bruder hat diesen Moment fotografisch festgehalten. Wir standen ganz vorne, quasi in der ersten Reihe vor der Haupttribüne. Es war ein langer Kampf durch Menschenmassen, eher wir diesen Platz erreichten. Sebo wurde auf Schultern an mir vorbeigetragen, ich durfte seine nackte rechte Brust berühren (*gg*), dennoch war es noch nicht der Höhepunkt. Meinem Bruder sei dank, ihm war es nicht nah genug. Ich weiss nicht mehr wie wir es geschafft haben, aber wir kämpften uns bis zur VIP-Tribüne hoch, ein ?Beamter in grüner Uniform? lies uns mit einem Lächeln gewähren, als wir über die Glasabsperrung stiegen (DANKE an den unbekannten Gesetzeshüter). Jetzt waren wir mitten drinnen statt nur dabei, WAHNSINN. Zwei Mädels standen da, mit einer Kiste Sekt. Sie schnorrten uns tatsächlich eine ab. Ich schüttelte und rüttelte die Flasche Schlumberger und spritze in die Menge, so als gehörte ich zu der Meistermannschaft. Ich nippte und gab die Flasche weiter. Ich sah erst am zweiten Blick wer sich die Flasche krallte. Tokic, Papac (von dem bekam mein Bruder das ?Meisterleibchen?), Troyansky und Dospel standen um mich herum. SENSATIONELL! Alle nippten und dann gaben sie mir die Flasche wieder. Troyansky posierte mit meinem Bruder für ein Bild, aber die Kamera war ausgeschalten und da es nicht meine war, fand ich den Powerknopf nicht. Fernando war geduldig, lies mich ein wenig suchen und dann war das Foto auch geschossen. Ich umarmte Menschen die ich noch nie gesehen hatte und wahrscheinlich auch nie mehr sehen werde. Dann folgte man ganz persönlicher Höhepunkt. Als die Mannschaft über den VIP-Eingang die Tribüne verlies, ?kämpfte? sich Sebo die Treppen hoch. Er musste an mir vorbei und ich umarmte ihn, küsste ihn links und rechts auf die Wange. Ich stemmte mit ihm den Teller hoch und wir schrieen uns gegenseitig an. GEIL, meine Fingerabdrücke sind am Teller. Sebo wird sich wohl an mich nie erinnern, aber für mich bleibt dieser Moment unvergesslich. Ich und mein Bruder hatten auch versucht uns mit den strömenden Massen in den VIP-Bereich schieben zu lassen, dies jedoch sei der nette Polizist von vorhin und fischte uns, ebenfalls wieder mit einem Lächeln aus der Menge. ?Das ist des guten zuviel? meinte er, ?der Bogen sei überspannt?. Ich und mein Bruder beschlossen, auf der VIP-Tribüne unter der Premierekamera Platz zu nehmen und eine zu rauchen, ehe wir uns dann verabschiedeten. Es war 21:40 Uhr. Die Spieler waren schon in den Katakomben des Horr-Stadions und auch der Rasen leerte sich. Beim Verlassen rupfte ich noch ein paar Büschel ?heiligen Rasen? aus dem Boden *g*.


    Danke Austria! Danke Stronach! Danke Schinkels! Diesen Tag werde ich nie vergessen, von diesem Tag werde ich lange erzählen. Der zehnminütige Heimweg war gezeichnet von ?hab i das geträumt??- und ?Oida das war geil?-Gedanken. Ich wünschte, dass der Tag nie vergehen würde. Mein Gesang ?We love Austria, we do? wurde, als ich so durch den Bau zu meiner Stiege spazierte mit einem ?Kusch? gewürdigt. Woher das kam, weiß i net, es war mir auch egal.


    Zu Hause dann, zog ich mir das ganze noch mal rein. Den ich gab den Auftrag alles aufzunehmen und meine Frau hielt sich brav daran *g* Sie freute sich mit mir, denn ich hatte sie in den letzten Wochen angesteckt mit meinem Veilchenfieber und so köpften wir noch eine Pulle Sekt. Genüsslich sah ich mir alles nochmals in Ruhe an. Viel bekam ich aber nicht mehr mit. Zu benebelt von Bier, Sekt, Adrenalin und anderen Sachen waren meine Sinne. Ich war aufgekratzt und ich redete meine bessere Hälfte nieder. Sie war sichtlich genervt von mir, aber sie hielt inne. Wie unvergessen diese Momente für mich sind, habe ich ihr glaublich Dutzend Male erzählt. Ich kann ihr aber auf diesen Weg mitteilen, dass sie diesen Tag noch einige Male von mir erzählt bekommt.


    Ich hoffe, ich konnte euch für einen kurzen Moment an meinen Glücksgefühlen teilhaben lassen. Ich wünsche das, was ich damals erleben durfte jeden anderen Fußballfan auch auf dieser Welt, so lange es nicht zu Lasten UNSERER AUSTRIA geht.

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